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Entortete Bildwelten
Die Betrachtung der fotografischen und filmischen Arbeiten von Snim Oh wirft die Frage nach der Darstellbarkeit des Selbst in einer von Migration, Fragmentierung, Hybridität gekennzeichneten Kultur auf. Das Selbst, das hier zur Disposition steht, ist nicht das autobiographische Selbst, das zwischen Wahrheit und Fiktion, zwischen Autor und Subjekt laviert und von einem einheitlichen, geschlossenen, daher universalistischen Repräsentationsregime definiert wird. Snim Ohs Arbeiten zeigen, dass die Erarbeitung einer Subjektdarstellung, die jene überholten und ausgehöhlten Vorstellungen von Homogenität hinter sich lassen, eine der anstehenden Herausforderung von zeitgenössischen KünstlerInnen ist.
Identität ins Spiel zu bringen bedeutet mehr, als das Ich ins Bild zu bringen. Es berührt zwangsläufig auch die internen Probleme der Repräsentation und Kommunikation. Es berührt die Frage nach dem „Wesen“ oder dem „Ort“ der Kultur. Wie lässt sich die tradierte Hegemonie westlicher Darstellungsmodi und ihr formalisiertes Regelwerk für eine Neuformulierung reappropriieren, ohne dass das neu gewonnene Territorium zu einem reinem Genre wird? Mit welchen Denk- und Darstellungsfiguren operieren KünstlerInnen wie Snim Oh um komplexe Bildformen zu schaffen, die (auch) die Frage der kulturellen Differenz als produktive Desorientierung und nicht als Festschreibung einer vereinnehmbaren Andersartigkeit verhandeln?
Snim Oh verwendet Formen der imaginierten Ent- und Verortung, die die Möglichkeit ständiger prozessualer Refigurierungen bergen. Diese finden primär im Territorium des Selbst statt, also auf der Oberfläche eines performativ wandelnden Selbstbildes jenseits des Altvertrauten. Snim Ohs ins Bild gebrachte Persona ist von jener Ambivalenz geprägt, die die Zugehörigkeit zu einem heimisch-vertrauten Weltbild durch Doppellungen, Vervielfältigungen, Differenzen sprengt. Diese Doppelung ist allerdings nicht als Grenzziehung zwischen Innen und Außen, zwischen Selbst und Unraum zu lesen, da die vom hybriden Subjekt vorgeführte Intervention und Invention Innen und Außen in gleichen Massen einbezieht. Snim Ohs Darstellungen und Selbstdarstellungen scheinen nicht nur Innen und Außen gleichermaßen zu erfassen, sondern suggerieren Bildwelten, die nicht dargestellte Momente der Vergangenheit, des Vergangenen imaginieren, Momente, die nicht ins Dispositiv der „großen Erzählungen“ gehören, aber die Gegenwart heimsuchen und nach Figuration suchen.
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